Endoprothese – Wie finde ich die richtige Klinik?

Endoprothese – Wie finde ich die richtige Klinik? – Es gibt sie nicht ‚Die richtige Klinik‘.

Die Entscheidung wo man sich einer Endoprothesen-Operation (Hüftgelenk oder Kniegelenk) unterziehen sollte, hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Als erstes sollte man natürlich mit seinem Orthopäden sprechen. Er hat in der Regel eine Vielzahl von guten Informationen bzgl. möglicher Kliniken, bzw. Operateuren. Wurde eine Klinik empfohlen, so sollte man sich umfassend über diese Einrichtung informieren. Dank der Segnungen des Internets ist dies recht einfach, wenngleich auch zeitaufwendig. Die Kliniken sind verpflichtet Ihre Qualitätsberichte zu veröffentlichen. Bei guten Kliniken – diejenigen, die bei den Qualitätszahlen besser als der bundesweite Referenzwert abschneiden – findet man dieses Dokument in der Regel auf der Homepage des jeweiligen Krankenhauses. Ansonsten ist der Klinik-Lotse (die Seite wird vom Verband der Ersatzkassen gepflegt) eine gute Adresse, um diese Berichte zu finden. Am Anfang wird einem das Studium eines Qualitätsberichtes etwas mühsam erscheinen. Da aber alle gleich aufgebaut sind, ist ein Vergleich mit etwas Übung gut möglich. Wichtige Kriterien sind aus meiner Sicht

a) die Fallzahlen für die jeweilige Operation (z.B.: Hüft-Endoprothese) im Teil B des jeweiligen Berichtes und

b) die Tabelle ‚Ergebnisse für ausgewählte Qualitätsindikatoren aus dem BQS-Verfahren‘ im Teil C des Berichtes.

Hierbei sind besonders die Spalten 1, 5, 6, 7 zu beachten. In Spalte 1 steht der jeweilige Leistungsbereich, in Spalte 5 ‚Ergebnis‘ eine Prozentzahl, in Spalte 6 ‚Zähler/Nenner‘ die Anzahl der Komplikationen im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Operationen. In Spalte 7 ist der bundesweite Referenzbereich zu finden.

Beispiel: Leistungsbereich: ‚Endoprothesenluxation‘, Ergebnis: 0,33%, Zähler/Nenner: 4/1202. Dies bedeutet, dass es bei 4 von 1202 Operationen zu einer Luxation nach der OP gekommen ist. Dies entspricht 0,33%)

Es ist allerdings auffällig, dass nicht alle Kliniken im Teil C eventuelle Komplikationen in der entsprechenden Tabelle offenlegen. Dies scheint nicht in jedem Fall verpflichtend zu sein.

Hat man sich so durch einige Berichte durchgearbeitet, sollte man unbedingt mit den in Frage kommenden Kliniken Kontakt aufnehmen und einen Termin vereinbaren. Nur bei einem persönlichen Gespräch mit dem Operateur oder zumindest mit einem Mitglied des OP-Teams bekommt man ein Gefühl dafür, wie man in der Klinik aufgehoben ist. Außerdem kann man dort in Ruhe besprechen, welche OP-Techniken und Implantate in Frage kommen.

endoCert – Eine neues Zertifizierungssystem für Endoprothetik

2012 wurde eine neues Zertifizierungssystem für Endoprothetik aus der Taufe gehoben.
Um die Qualität der endoprothetischen Versorgung zu erhalten und zu verbessern, ist ein hohes Maß an Spezialisierung, Kompetenz und Erfahrung erforderlich. Die DGOOC hat daher gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik (AE) und dem Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) eine Initiative zur Zertifizierung medizinischer Einrichtungen für den Gelenkersatz entwickelt.
Das Verfahren ist seit Oktober 2012 bundesweit freigegeben. Medizinische Einrichtungen können sich seither als EndoProthetikZentrum (EPZ) und als EndoProthetikZentrum der Maximalversorgung (EPZmax) zertifizieren lassen, wenn die Erfüllung der aufgestellten Anforderungen in einem Audit nachgewiesen wird.
Weitere Infos auf der endoCert-Webseite. Hier finden Sie auch zertifizierte Endoprothetikzentren in Ihrer Nähe, die diese Zertifizierungen erworben haben. Allerdings sind auf dieser Seite nicht direkt die Kriterien für die Zertifizierung ersichtlich. Etwas versteckt findet man einen Download-Hinweis auf das Gesamt-Werk Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in Deutschland, welches kostenlos als eBook erhältlich ist. In Kurzfassung sind diese Kriterien auch auf der Medführer-Webseite zu finden. Ich persönlich halte die Anzahl der notwendigen Operationen zur Erlangung der Zertifizierung noch für zu gering, besonders auf den Hauptoperateur bezogen. Aber es ist in jedem Fall ein Schritt in die richtige Richtung!

Tipp: Neben den oben genannten Kriterien lassen sich gute Kliniken Zeit bei der Beratung!

Da solche Termine meist mit einigen Wartezeiten einhergehen (Privatpatienten mal ausgenommen), sollte man die Chance nutzen und sich mit den anderen dort wartenden Patienten unterhalten. Der eine oder andere hat bestimmt bereits persönliche Erfahrungen mit der Klinik gemacht, sei es als Patient oder auch nur als Angehöriger.

Ich persönlich würde immer eine Klinik auswählen, die möglichst viele Hüft- oder Knie-Endoprothesen pro Jahr operiert und daher besonders spezialisiert ist, auch wenn inzwischen jedes Kreiskrankenhaus diese OP’s durchführt. In jedem Fall sollte die Klinik der Wahl auch einen Intensivbereich haben, falls es doch zu unvorhergesehenen Komplikationen kommen sollte, die sich ja leider nie ganz ausschließen lassen.

Für die Auswahl spielt außerdem noch das private und berufliche Umfeld eine Rolle, besonders dann, wenn man sich für eine Klinik entscheiden sollte, die weit vom eigenen Wohnort entfernt liegt.

Das Wichtigste zum Schluss:

Man sollte sich nur dann für die Klinik entscheiden, wenn man nach dem Beratungsgespräch ein wirklich ‚gutes Gefühl‘ hat. Schließlich ist die eigene Zuversicht in das Gelingen der Operation fast genauso wichtig wie die Operation selbst.

9 Antworten

  1. thomas sagt:

    Also meine Erfahrung ist: ab in eine Klinik, die viel macht. Besser eine kleinere die 100 davon operiert als eine Uni Klinik, die nur Spezialfälle macht.

    Meine erste Hüfte habe ich mir in einer großen Riesen-Klinik in Hannover operieren lassen, war alles recht ok, als ich aber dann nach NRW gezogen bin habe ich mit vor 3 Jahren im Klinikum Minden behandeln lassen. Kein Vergleich!

    Ich war viel schneller auf den Beinen, die Ärzte waren top, nicht so anonym wie an der MHH.

    Außerdem haben die mir eine „besondere“ Hüfte eingesetzt. Soll deutlich besser sein für später. Kann ich natürlich noch nichts zu sagen, aber die ersten Jahre sind schon einmal erheblich besser. Es ist ein kurzer Schaft. Spiron. Darüber findet man auch einiges im Netz. Ich kann nur sagen: immer wieder dort!

  2. fux sagt:

    Frisch aus der REHA kann auch ich den Kommentar nur unterstreichen. Ganz offensichtlich gibt es große Unterschiede im Vorgehen der Operateure:
    * Ort des Operationszugangs (seitlich, vorne, hinten)
    * Kurz-/Normal-/Langschaft
    * Einzementierung ja oder nein
    Da die Endentscheidung, was verwendet wird, erst bei der Operation selbst getroffen wird, ist die Vielzahl an durchgeführten Operationen wesentlich, weil dann ein großer Vorrat an verschiedenen, passenden Prothesen vorhanden ist.

    Auch die Aufenthaltsdauer in der Klinik ist recht unterschiedlich. Von 5 Tagen bis zu 14 Tagen.

    In manchen Kliniken wird nicht nur in sterilen, sondern „reinen“ Räumen operiert, was das Infektionsrisiko nochmals reduziert.

    Auch kann ich hinsichtlich der Vorbereitung auf die Operation die Hinweise in anderen Foren auf die Rückenlage bestätigen. In den ersten Tagen nach der OP liegt das Bein in einer Schale, sodass man im Bett nur auf dem Rücken liegen kann. Wer das nicht gewohnt ist, sollte die Rückenlage vorher „üben“!
    Vorbereiten kann man sich durch Aufbau der Gesäßmuskeln sowie der An- und Abduktoren (Innen- und Außenmuskeln des Oberschenkels). Da diese Muskeln bei der OP am stärksten durch Zerrung und Überdehnung beeinträchtigt werden, sind zwar die Schmerzen größer als bei schlaffen Muskeln, aber man kommt schneller wieder auf die Beine!

    Eine REHA (3 Wochen) kann ich nur empfehlen, Mit gezielter Physiotherapie und (Wasser-)Gymnastik merkt man nahezu täglich, welche Fortschritte man macht.

    Dass man es insgesamt langsam mit der Wiederbelastung des operierten Beins angehen sollte, erfährt man dann von Schilderungen über Patienten die durch zu frühen Sport oder durch Fehltritte das Gelenk wieder ausgekugelt haben

  3. Lueghi sagt:

    Das kann ich nur unterstreichen:
    – mehrere Kliniken, die VIELE OP für das jeweilige Gelenk machen, aufsuchen und beraten lassen
    – anschließend Bauchentscheidung treffen; als Laie kann man sowieso nicht alles erkennen und bewerten

    Mit dem „Rezept“ bin ich hervorragend gefahren!

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